Die Gemeinde Kirchlengern hatte am Samstagabend eine Lesung mit dem ehemaligen Profifußballspieler und Trainer Ewald Lienen auf dem Elsesportplatz organisiert. Die rund 100 Gäste wurden in bester Atmosphäre über zwei Stunden unterhalten.

„Muss man Erfolg über Titel, Meisterschalen und Pokale definieren? Jeder definiert Erfolg anders, am Ende zählen Menschlichkeit und ehrliche Arbeit. Das sind Werte die entscheidend sind und nicht wie oft und ob ich überhaupt einen Titel gewinne“, berichtet Ewald Lienen eindrucksvoll in seiner fast dreistündigen Lesung.

Lienen beweist dabei, dass eine Lesung nicht gleich ein Vorleseabend ist. Der Fußballlehrer berichtet lebendig, emotional und ohne ein streng durchgeplantes Programm von seiner Kindheit, dem frühen Tod seiner Mutter, den Schritt in den Profifußball, das berüchtigte Foul, dass eine 25 Zentimeter lange Wunde in seinem Oberschenkel nach sich zog sowie von seinen Stationen im bezahlten Fußball.

Ewald Lienen, der mittlerweile 67 Jahre alt ist, arbeitete bis 2017 als Cheftrainer beim FC St. Pauli, anschließend bis zum Ende des vergangenen Jahres als Technischer Direktor im Kiezclub. Seit Anfang des aktuellen Kalenderjahres repräsentiert er den Verein und ist auf Honorarbasis Marken- und Wertebotschafter des Kultclubs und aktuellen Hamburger Stadtmeisters. Während seiner Dialoge mit Moderator Philipp Kreutzer kommt im, mit mehr als 100 Leuten, gut besuchten Publikum unter dem Flutlicht gute Stimmung und einiges lautes Gelächter auf. Als die Kultfigur von den Stunden nach seinem Foul berichtet, amüsieren sich die Zuschauer von Herzen.

„Ich habe meine Frau angerufen – sie war übrigens auf den Weg mit dem Auto nach Frankreich und schwanger mit unserem sechsmonatigen Sohn – und habe ihr erzählt, dass alles halb so wild sei und es sich um eine kleinere Verletzung am Oberschenkel handeln würde. Nach dem Wochenende am Montag wollte sie dann in Frankreich auf dem Markt einkaufen, dabei sah sie eine Zeitung mit mir, meinem Oberschenkel und der 25-Zentimeter-Wunde.“ Auch zu aktuellen Themen bezieht der Jugendkicker vom VfB Schloß Holte klar Stellung. Zuletzt war er zu Gast bei der ZDF-Talkshow von Markus Lanz: Nach einem Spiel während der diesjährigen Europameisterschaft wurde eine Szene so oft diskutiert und mit Zeitlupen analysiert, dass Ewald Lienen einen interessanten Vergleich darstellte: „Leute! Natürlich ist das eine Berührung, aber was machen Sie, wenn Sie im Supermarkt vom hinteren Einkaufswagen berührt werden? Ich bin mir sicher, dass Sie nicht durch den Laden fallen und der Ladendetektiv auf Sie zukommt und Ihnen die Szene noch einmal zeigt!“

Außerdem unterstreicht der in Mönchengladbach lebende Lienen immer wieder wie wichtig es ist auf Menschlichkeit zu achten und die Konsum- und Leistungsgesellschaft nicht noch weiter voranzutreiben. Dabei berichtet er von seiner Schulzeit, in der zwar stets gute Noten hatte, es ihm aber an zwischenmenschlichen Gespür mangelte. „Wie ich mit Menschen umgehe, wie ich mich zu verhalten habe und wie ich mich im alltäglichen Leben zu Verhalten habe. Das habe ich erst von meiner Frau lernen dürfen.“

In dem Zuge erzählt Lienen von seinen Gewissenskonflikten, als er sich für einen Wechsel aus dem Amateurfußball vom VfB Schloß Holte zum DSC Arminia Bielefeld entschied: „Wenn ich an Fußball dachte, dachte ich an meine Mannschaft und Freunde. Was würde aus Kameradschaft und Zusammenhalt, wenn Geld ins Spiel käme?“

Die Gemeinde Kirchlengern, die den Kontakt herstellte und den Abend organisierte, zeigte sich begeistert: „Wir haben direkt im Anschluss der Veranstaltung nur positives Feedback bekommen und sind mehr als zufrieden. Das Wetter hat gepasst, RWK hat für eine hervorragende Bewirtung gesorgt und die Atmosphäre hier am tollen und modernen Elsesportplatz unter Flutlicht war einmalig.“ Bürgermeister Rüdiger Meier war ebenfalls zu Gast: „Der Abend war wirklich sehr kurzweilig und in toller Atmosphäre. Wir sind froh, dass wir so eine besondere Veranstaltung mit so einem interessanten und namhaften Gast in der aktuellen Zeit durchführen konnten. Ein Dank gebührt hierfür auch dem Verein um seinen 1. Vorsitzenden Jörg Große-Wortmann.“